Jahreslosung 2016


Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet“ (Jesaja 66, 13)


Eines der schönsten Worte aus dem Alten Testament wird uns als Jahreslosung durch die kommenden zwölf Monate leiten und begleiten – die Zusage Gottes, uns zu trösten wie uns unsere Mutter getröstet hat. Für mich ist die Erinnerung an mütterlichen Trost verbunden mit einer ganz schlichten Geste zärtlicher Berührung, einem aufmunternden Blick oder einfach damit, in den Arm der Mutter genommen zu sein. Kindlicher Kummer und Schmerz sind dann schnell vergessen. Trost, das ist keine Sammlung großer Worte, keine argumentative Beweisführung, sondern viel eher ein verlässliches Zeichen von Nähe und Anteilnahme.


Genau diese Verlässlichkeit verspricht uns Gott in dem Prophetenwort aus dem dritten Jesaja Buch. Wirklicher Trost ist keine billige Vertröstung, kein banales „Alles wird gut“. Wer einmal das ganze Kapitel 66 aus dem Jesaja Buch liest, wird schnell feststellen, wie hier ein sehr ernstes Ringen Gottes mit seinem Volk beschrieben wird, das nach dem Ende des babylonischen Exils im verheißenen Land und in Jerusalem einen Neuanfang wagt, mit allen Gefährdungen durch wachsenden Wohlstand einerseits und sehr unsicheren politischen Verhältnissen andererseits. Verfehlung und Schuld, Enttäuschung und Verzweiflung werden dabei nicht ausbleiben. Dann aber wird Gottes mütterlicher Trost die Wirklichkeit bestimmen, Leid und Schmerz lindern.

Es ist kein Zufall, dass das deutsche Wort Trost sprachgeschichtlich verwandt ist mit dem indogermanischen Wortstamm „treu“. Wenn das neue Jahr schwere Zeiten mit sich bringt, wenn Leid, Trauer und Schmerz über uns kommen, dann dürfen wir der Treue Gottes gewiss sein und daraus Trost gewinnen.


In der liturgischen Ordnung unseres Kirchenjahres wird der Bibelvers der Jahreslosung am Sonntag Lätare, dem Freudensonntag der Passionszeit, im Gottesdienst verlesen. Auch daran wollen wir denken, dass dieses Trostwort eng verbunden ist mit dem Weg Jesu Christi zum Kreuz, der uns die tröstliche und verlässliche Nähe Gottes im Angesicht des Todes bezeugt und uns die Hoffnung schenkt, dass der Tod niemals das letzte Wort hat – so wie mütterliche Liebe niemals aufhört. Im 14. Kapitel des Johannes Evangeliums verheißt Jesus seinen Jüngern für die Zeit nach seinem Tod den Tröster und der Apostel Paulus grüßt seine Gemeinde in Korinth im 1. Kapitel seines zweiten Briefes dorthin im Namen „des Gottes allen Trostes“. So zieht sich die Glaubensgewissheit aus dem alttestamentlichen Propheten Buch hindurch bis in die frohe Botschaft des Neuen Testaments und damit bis zu uns hier und heute.


Übrigens: wer sich von Gottes mütterlicher Treue getröstet weiß, wird diesen Trost auch weitergeben können an seine Nächsten, die diesen Trost auch immer wieder brauchen! Ohne große Worte, aber mit verlässlichen Zeichen von Nähe und Anteilnahme. Gott behüte und tröste uns alle im neuen Jahr 2016!


Pastor Christoph Ehricht, Greifswald